Samstag, 22. Oktober 2011

http://www.renate-conrad.de/ - Die Geschichte einer Familie






Wenn Vergangenheit Geschichte ist - Eine Familiengeschichte, eingebettet in die Geschehnisse des 20. Jahrhunderts

Die überarbeitete Fassung als e-book im neuen Gewand




Der Klappentext


Hanna Elisa fliegt gemeinsam mit ihrem Mann in den Mittleren Osten, um ihre Tochter und das neugeborene Enkelkind zu besuchen. Auf dem langen Flug führen die Gedanken sie in eine Zeit, die sie nur aus Erzählungen ihres Vaters und ihres Großvaters kennt, verfangen sich in den unruhigen Zeiten ihres eigenen Beginns.
Es begann alles auf einer Hochzeit, als die fröhliche Lilli dem Marinesoldaten Hardy begegnete, der einst ausgesandt wurde die Welt zu erobern. Der ehemalige U-Boot Funker Hardy, Sohn eines Bergarbeiters oft nur knapp dem Tod auf den Weltmeeren entronnen und Lilli, ein unbekümmertes rheinisches Mädchen, planten voller Zuversicht ihre gemeinsame Zukunft. Tatkraft und Ideenreichtum, Optimismus und Humor prägten ihre Taten, die sie auch die schwierigsten Zeiten überstehen lässt. Hanna Elisa erlebte zwei Welten. Da war Lillis Familie, angeführt von Jakob, dessen hohes Ansehen im Dorf ihn zum Berater der Unsicheren machte. Von ihm lernte Hanna Elisa schon früh, sich einzumischen und die streng katholische Großmutter, die dem Kind nicht erlaubte am Morgen vor dem Beten zu singen. Im Ruhrgebiet lebten Hardys Eltern, unpolitisch und nicht nur zu Jakobs Entsetzen waren sie einst Befürworter Hitlers Politik. Erst als die Auswirkung des Krieges auch ihre Familie erreichte entstanden Zweifel.  Hier erlebte Hanna Elisa Urlaubstage ohne Fesseln, Zusammentreffen der Nachbarschaft auf der Bank unter dem Fliederbaum, gemeinsames Musizieren, Toleranz  -  aber auch das Auseinandergehen der langjährigen Gemeinschaften, als der Fernseher seinen Siegeszug antrat.




Leseprobe

Frühling 1997

An manchen Tagen zweifelt Hanna Elisa, ob es ratsam ist in den alten Fotos zu kramen. Oft schmerzte es, die so weit von ihr entfernt lebenden, so nah zu sehen. Das aufgeschlagene Fotoalbum liegt vor ihr auf der Erde und versonnen betrachtet sie die Bilder des Sommers vor einem Jahr und denkt daran, wie sie ihrem Enkel die Bilder der eigenen Kindheit zeigte. Verwundert hatte er sie beim Anblick der Fotos angeschaut ungläubig gefragt,
„Das kleine lockige Mädchen bist du? Nein Oma, das ist nur der Beginn einer neuen Geschichte!“
„Nein, nein, mein Schatz, das ist die Wirklichkeit. Alle Menschen kommen klein zur Welt, werden Jahr für Jahr größer bis sie erwachsen sind und sie sind so unterschiedlich wie die Steine, die wir vor wenigen Tagen zusammen am Strand sammelten. Manche werden dick und klein, andere dünn und groß,  vielleicht auch groß und dick, und denke nur an den Blumenverkäufer in Avila, dann weißt du, kleine dünne Menschen gibt es auch. Einige Menschen sind fröhlich, andere ernst. Es gibt die lieben und die bösen, denen man am besten aus dem Weg geht und die herzensguten, von deren Seite niemand weichen will, weil sich jeder in ihrer Nähe so geborgen fühlt. Da sind noch die stillen Menschen und die, die ständig reden, obwohl sie nichts zu sagen haben und die ignoranten, die tollpatschigen und die geschickten. Nur eins trifft auf jeden Menschen zu, er ist einzigartig und auch dich Noah gibt es nur einmal auf der Erde“.
  Andächtig hörte der Kleine ihr zu, in jeder Hand ein kleines Auto, mit denen er über riesige Phantasiestraßen um sie herum fuhr, immer wieder einen Blick auf ihre Fotos werfend und sie blickte abwechselnd auf das spielende Kind und auf das Foto in ihrem Album.
  Sie sah sich auf der Wiese am Hang sitzen, kleine Blumen in der Hand, fühlte sich in den längst vergessen geglaubten Frühlingstag zurück versetzt. Fragte sich, was davon bin noch ich, -  beeinflussen Erinnerungen und Erfahrungen aus dieser Zeit, in der mir nur Liebe und Zuverlässigkeit begegnete, noch meine heutigen Handlungen?
Zur Zeit der Baumblüte, von der das Foto erzählte, war sie achtzehn Monate alt, einer rundlichen pausbäckigen Puppe ähnlich.  Wie anders sahen die Erwachsenen aus, eingefallene Wangen, schlotternde Anzüge und zu weite Kleider an ausgemergelten Körpern und selbst das glückliche Lachen über die wieder erlangte Freiheit, das Zusammentreffen der Familie an einem herrlichen Frühlingstag, verdrängte die Panik und die Angst über das in der Vergangenheit erlebte nicht aus ihren Augen. 
Der Zeit entsprechend war das Bild schwarzweiß. Verblüfft sah Noah sie an,
„Oma wo hast du die Farben verloren?“
„Nein mein Kind, ich habe sie nicht verloren, sie sind alle noch in meinem Kopf“.
  Unzählige Male besuchte sie bis in die ersten Jahre ihrer Ehe diese Wiese zur Zeit der Obstblüte und sie schilderte dem blonden Jungen an ihrer Seite die Farbenvielfalt, die das kleine Mädchen Jahr für Jahr verzauberte.  Die von ihrer Mutter bereits vor ihrer Geburt gestrickten, mit kleinen bunten Blumen bestickten weißen Wolljacke, den blauen weiten Rock, aus einer alten Marineuniform ihres Vaters genäht, Vorkriegsware, konnte sie sich mit den Geschichten ihrer Entstehung gut ins Gedächtnis rufen. Nachdem sie aus diesen Sachen heraus gewachsen war, wurden sie noch Jahre später von ihren Cousinen getragen. Sie liebte diese Wiese, und beim Blättern in den Fotos schien es ihr, der Duft der Frühlingstage hüllte sie immer noch ein, begleitete sie bis in die Gegenwart, um sie vor den unechten synthetischen Gerüchen einer egoistischen, verlogenen, doppelzüngigen, nur den lauten Äußerlichkeiten, Effekten und Schlagzeilen hinterher jagenden Meute zu schützen, und für einen kostbaren Augenblick verdrängte der zarte Frühlingsduft aus glücklichen Kindertagen die kalte übel riechende Aura der Menschen aus ihrer Nähe, die ohne Rücksicht auf das Erhaltenswerte nur an ihrem Profit interessiert waren, die Stunde für Stunde mehr Raum in der Gesellschaft einnahmen, das Tagesgeschäft bestimmten.
Sie liebte die Frühlingsblumen, die Kirschbäume, den kleinen Bach und das Gefühl der Freiheit, dass sie auch später bei der Erinnerung an diese Ausflüge stets empfand. Das Versprechen wieder kommen zu dürfen, wenn das erste Obst reif war, schenkte ihr Sicherheit und sie sah sich hinter den Erwachsenen den Berg hinauf hüpfen, die mit Leitern und Körben beladen auf dem schmalen steilen Patt liefen, erinnerte sich, wie sie sich wieder und wieder umschaute, ihren Großvater Jakob nachahmend, der oft stehen blieb, um zu verschnaufen und unentwegt feststellte, es gäbe keine schönere Aussicht auf der Welt, als von hier auf den Rhein zu schauen, auf das Siebengebirge mit dem Drachenfels.
„Nirgendwo auf der Welt ist die Landschaft so großartig, nirgendwo ist das Obst so saftig und süß, der Kohl so dick und fest, der Spargel so zart. Ein Segen ist es, dass wir all diese Köstlichkeiten ernten können“. Hanna Elisa glaubte ihm. Denn Jakob  gehörte zu den Erwachsenen, zu denen man als Kind absolutes Vertrauen haben konnte, der alle ihre Fragen beantwortete und der sie mit seinem Tod zum ersten Mal enttäuschte. Als Jakob starb, war Hanna Elisa vierzehn Jahre alt und bereits im Augenblick seines Todes spürte sie, dass er ihr fehlen würde, sein Verständnis, seine Geschichten und sein Weitblick, über den sie sich im nach hinein wunderte. Schließlich war er kaum aus seinem rheinischen Dorf heraus gekommen. Allerdings hatte er seit seinem vierzehnten Lebensjahr für die Reichsbahn, später Bundesbahn, gearbeitet, hatte in der Rotte angefangen und sich zum Stellwerksleiter hochgearbeitet, und wenn sie heute darüber nachdachte, über all die  Züge, denen er hinterher sehen durfte, mit ihnen seinen Gedanken freien Lauf lassen konnte, war sie  überzeugt, dass ihm diese Arbeit half über den dörflichen Rahmen, in dem er lebte und sich verwurzelt fühlte, hinaus zu denken.
Entschlossen schlug Hanna Elisa das Fotoalbum zu. Aber es gelang ihr nicht in die Gegenwart zurückzukehren. Versonnen blieb sie auf dem Teppich sitzen. Fünf Jahre war es her, dass ihre Tochter Laura das Elternhaus verlassen hatte, um ihren Lebensmittelpunkt in den Mittleren Osten zu verlegen und sieben Monate waren bereits vergangen, dass sie mit Simon und den Kindern durch Felder und Wiesen streiften und während sie auf ihren täglichen Spaziergängen Laura und dem Kind aus den längst vergangenen Tagen erzählte, die sie auch nur durch die unerschöpflichen Geschichten ihres Großvaters kennen gelernt hatte, glaubte sie Jakobs Nähe und seine beschützende Aura zu spüren. Ihr  Herz schlug höher, wenn sie daran dachte, dass Laura den alten Brauch  des Geschichtenerzählens in der Familie weiterführte. Als sie Sven nach Bahrain folgte, Verantwortung für Kinder, Haus und Garten übernahm und in der traditionellen Rolle der Frau lebte, erkannte sie, egal in welches Land der Erde, in welche Kultur, sie durch Svens Beruf noch verschlagen würde, nichts war wichtiger, als den Kindern ein zuverlässiger Ruhepunkt in einem unruhigen Leben zu sein. Diese Einstellung gab ihr die Geduld auf den Zeitpunkt zu warten, an dem die Kinder beginnen würden eigene Wege zu gehen und sie nutzte ihre Kreativität und ihre Talente im häuslichen Bereich, erfand nicht nur zu Noahs Vergnügen phantasievolle Geschichten und originelle Spiele. Nie gingen ihr die Einfälle aus, die alle zum Lachen brachten und vergessen ließen, das man den Pool, den Spielplatz und das Meer, die vor der Haustür lagen, an den unerträglichen Tagen der heißen trockenen Wüstenwinde, die aus Saudi Arabien kamen, nur vom Fenster aus betrachten konnte. In Lauras Obhut verwandelte sich der Tag in einen Traum für Zaubergestalten und alle die ihr zuhörten vergaßen mit Hilfe ihrer Worte Raum und Wirklichkeit und die gut funktionierende Klimaanlage ließ die Besucher die barbarische Hitze, die auch nachts nicht von der Insel wich, unwirklich erscheinen. Es war ihnen bereits entfallen, dass sie erst vor wenigen Stunden bei ihrer Ankunft darüber klagten, das die Hitze und die Luftfeuchtigkeit ihnen fast den Atem nahm. Und während sie am Fenster standen, über das Meer blickten und Lauras Geschichten lauschten, glaubten sie dem unermüdlichen Wind, der verführerisch mit leichtem Säuseln durch die mächtigen Kronen der Palmen wehte, dass er die ersehnte Abkühlung bringen würde. Wenn ein Besucher die Terrassentür öffnete, einen Schritt auf den Rasen trat, um die kühle frische Luft zu spüren, die er durch das Fenster wahrgenommen hatte und statt einmal tief durchzuatmen, erschrocken ins Haus zurück eilte, lachte Laura und während der Besucher seine Arme in dem Glauben betrachtete, entstellende Verbrennungen zu sehen, erzählte sie, dass sie im ersten Jahr ihres Hier seins  zu oft auf die Verführungskünste des Windes hereingefallen sei. Sie verschwieg, dass sie an manchen Tagen Tränen überströmt wieder ins Haus gerannt war, von Sehnsucht nach einem kühlen deutschen Sommer erfüllt. Und der Wind zog ohne Erbarmen weiter über die märchenhafte Insel. Statt Kühle zu bringen, trocknete er in kurzer Zeit die zarten Blüten der Bäume und Sträucher aus, raubte das letzte Tröpfchen Wasser, das sich in einer Baumrinde verborgen hielt und versteckte die Farben der Insel unter einem Schleier aus heißem Sand.






In den Trümmern von Remagen aufgewachsen habe ich mir seit  frühester Kindheit Gedanken zum Krieg gemacht, ob von Staatshäuptern oder Industriellen ausgehend, ob der Krieg sich gegen den Menschen richtet oder gegen die Natur. (die letztendlich immer beide betroffen sind) Die Entwicklung der Waffen spricht nicht von Intelligenz sondern von Verblendung und Selbstverliebtheit. 

Mein Fazit, kein Krieg ohne Religion, Gier, Dummheit, Kurzsichtigkeit, Überheblichkeit. Kein Krieg ohne die Denkweise der Krupps, Thyssen und Quandts.... Auf allen Kontinenten unserer Erde fehlt Geld für Bildung und Nahrung, aber nirgendwo für Waffen. Still und leise wurde während der letzten Fußballweltmeisterschaft die Luftwaffe der Bundeswehr für Milliarden aufgerüstet, vor wenigen Wochen wurden wieder Milliardenbeträge bewilligt. Sind wir bereit wieder zu töten? 
Leid über die Menschheit zu bringen?

Wo bleibt der Aufschrei des Volkes??

Und gleichzeitig wachsen in unserem reichen Land Kinder in Armut auf, hungern, Bildung bleibt ihnen versagt, kein Geld für Kita und Ganztagsschulen. (Ein gebildetes Volk ist nicht manipulierbar) Die unteren Einkommengruppen werden von unseren Machthabern immer höher belastet, läßt die Reichen noch reicher werden. 

Es ist Zeit aufzustehen, aber wer beginnt?




Dienstag, 14. September 2010

Leseprobe aus Renates Roman - Vom Schneckentöter und anderem Wahnsinn - oder von der Lust zu leben - ab November 2011 auch als e-book bei amazon.de






Leseprobe

Ihre Gedanken verirrten sich in der Vergangenheit und Hanna Elisa hörte ihre Mutter mit leiser Stimme sagen,

 „Sei froh, dass du das nicht erlebt hast, du bist nach dem Krieg geboren. Trotzdem beherrschen dich erhebliche, nicht erklärbare Ängste und du empfindest dieselbe Furcht vor einem neuen Krieg, die auch mir immerzu gegenwärtig ist. Mögen unsere kommenden Regierungen besseres im Sinn haben als Zerstörung und Elend den Menschen zu bringen und dich vor Erfahrungen von dieser Art verschonen!“
  Lilli setzte sich aufrecht in den Sitz, strich ihre Haare aus der Stirn und forderte die Kleinen auf, ein Lied zu singen. Hanna Elisa warf Hardy einen schelmischen Blick zu und wünschte, er möge "Wir lagen vor Madagaskar" anstimmen, Mutti dürfe auch mitsingen, denn Hanna glaubte zu wissen, es wäre das Lieblingslied ihrer Eltern. Laut schall der Gesang durch das Innere des bequemen Autos. Begegnete ihnen ein anderes Fahrzeug, unterbrach Hardy das Geträller, um Lilli und die Kinder raten zu lassen, um welches Modell es sich handelte. Stolz sah er auf seinen kleinen Sohn, der eifrig seine Schwester mit seinem Wissen unterstützte.  Müde geworden vom Singen und vom Ansehen der vielen Fabriken, Fördertürme, Hochöfen, Straßen, Kanäle, Eisenbahnschienen und Brücken, die sie aus der Geborgenheit ihres Autos heraus gesehen hatten und von Lilli immer wieder auf die Annehmlichkeit ihres neuen Fahrkomforts aufmerksam gemacht,  erklärten die Kinder sich einverstanden, auf der Rückbank zu schlafen.
  Zufrieden streckten sie sich aus. Welch ein Luxus! Ein völlig neues Reisegefühl. Ausgeruht trafen sie bei Anna und Max ein, die sie lachend willkommen hießen,
„Wo sind denn eure schwarzen Gesichter geblieben? Den Anblick werden wir vermissen!“
  Am Morgen des Ostersonntags lockte die Sonne schon früh die Besucher aus den Betten. Anna zog sich auf den Stuhl in der Ofenecke zurück, der an ruhigen Tagen Luise vorbehalten war, amüsiert vom aufgeregten Treiben ihrer ausgelassenen Kinder, die dem gemeinsamen Weg zur Kirche erwartungsvoll entgegen sahen. Als alle fix und fertig vor dem Haus versammelt unter den kahlen Buchen standen, Lilli Hannas Kleid und Tills Jacke zum letzten Mal zurecht zupfte, damit die Kinder bei Hardys ehemaligen Klassenkameraden einen guten Eindruck hinterließen, die an diesem Feiertag alle zum Gottesdienst erwartet wurden, verabschiedete Anna die Familie. Sie schloss sich der Gruppe nicht an und während sie sich schon wieder dem Hauseingang zuwandte, vernahm Hardy den Satz, den er in seiner Kindheit an vielen Sonntagen hörte,
"Ich bleibe zu Hause und werde die Zeit nutze und eine Suppe vorbereiten. Nach dem Spaziergang werden wir alle hungrig sein. Betet ihr für mich mit! Gott wird es genügen.“
Max nickte verständnisvoll und geleitete die Gesellschaft gut gelaunt den kurzen Weg zum Gotteshaus, schloss Anna in seine Gebete ein und sah erschrocken auf Hardys Klassenkameraden,
„Wie klein die Gruppe geworden ist! So wenige junge Männer kamen von den Kriegsgefechten zurück. An welchem Tag werden ihre Seelen wieder auferstehen, um die zurückgebliebenen Mütter und Väter vom Sinn ihres sinnlosen Todes zu überzeugen?“
Tief in seinem Innersten, vor seinen Angehörigen verborgen, wartete Max immer noch auf die Rückkehr seines Bruders, dessen Leben 1916 in Verdun des Kaisers Kampf geopfert wurde, und dessen phantastisches Geigenspiel seine Träume in vielen Nächten auf zauberhafte Weise begleitete.
  Als Max nach dem Hoffnung versprechenden Hochamt seine Familie wieder nach Hause führte, sah er aus der Ferne vor seinem Haus die Menschen stehen, mit denen er schon seit Jahren am Ostersonntag zum Spaziergang in den nahe gelegenen Telgenbusch ging, dem Wald ihrer gemeinsamen Kindheit, um Ostereier zu suchen.

„ ihr“ Wald den langen Winter, in dem sie keine Gelegenheit fanden sich nach seinem Wohlergehen zu erkundigen,  unbeschadet überstand. Kaum war der Wald in Sicht, drückten die Kleinen ihre Körbchen den Erwachsenen in die Hände, um frei und unbeschwert über die Wurzeln alter knorriger Bäume zu klettern und zwischen weichem Moos und den hellgrünen Blättern der Waldanemonen und Winterlingen hin und her zu hüpfen, entdeckten dabei die bunten Eier, die Herr und Frau Osterhase sorgsam unter sprießendem Farn und im dichten Teppich des Waldmeisters fallen gelassen hatten.

  Eine bunt gemischte Gesellschaft bereitete sich zum Abmarsch vor, selbst die Alten ließen sich von der Ungeduld der Jugend anstecken und drängten erwartungsvoll zum Aufbruch, um endlich den Frühling persönlich willkommen zu heißen, und um sich zu vergewissern, dass 


  Nachdem die Körbchen gefüllt waren, brachen die Männer Birken- und Haselnusszweige, um ein wenig vom Zauber des Frühlings mit in ihre Wohnungen zu nehmen.

  Singend, lachend  und plaudernd liefen sie über ausgetretene Pfade, sprangen und kletterten über kleine Bäche und zupften auf dem Rückweg das erste  Grün dieses Jahres.  Zu Hause angekommen warfen die Kinder den Hühnern die zarten Blätter in den Stall,
„Ihr sollt auch wissen, dass heute Ostern ist!“ und betrachteten zufrieden das eifrige Picken der lebhaften Schar. Als die Kinder ins Haus traten, saß die hungrige Gesellschaft bereits in der Küche und den Kindern erschienen die temperamentvoll geführten Gespräche der Tischgesellschaft ähnlich dem lebhaften Gegacker der Hühner.
  Anna stellte die Teller auf das blank polierte Holz des Tisches, reichte das Besteck an Luise und bat es zu verteilen. Im Korb lag frisches Brot, daneben Ostereier in allen Farben. Die Fleischsuppe stand bereit, warm gehalten am Rand des Kohleofens und ihr unverwechselbarer Duft wetteiferte mit dem des warmen Brotes und des frisch gekochten Kaffees.  Das Zimmer, erfüllt vom Wohlgeruch eines Ostertages, die Frische des Waldes vermischt mit dem Kohlefeuer und von 4711 der Frauen ließ voller Zuversicht in eine friedliche Zukunft blicken und auf unbeschwerte Träume hoffen. 
  Erst die Rauchwolken, die aus den Pfeifen und Zigarren der genüsslich vor sich hin paffenden Männern zur Zimmerdecke stiegen, und nach und nach die satte zufriedene Gesellschaft unter einer Dunstglocke einhüllte, verwandelten die Atmosphäre in die eines ganz gewöhnlichen Sonntages. 
  Das vorbildliche Wetter und das Versprechen der Meteorologen, dass es in den nächsten Tagen noch schöner werden würde, veranlasste Anna sich an ihre Enkeltöchter zu wenden und sie aufzufordern,
„Zeit für Ferien und Ausflüge, verbringt ein paar Tage bei uns!“ 

Donnerstag, 22. April 2010